Ist die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ein Steuersparmodell?
Wenn man als Unternehmer oder Freiberufler in Deutschland oder Österreich mit anderen Gleichgesinnten aus verschiedenen EU-Ländern gemeinsam ein Projekt machen möchte oder eine Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union (EU) anstrebt, gibt es die Möglichkeit sich der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (Abkürzung: EWIV) anzuschließen.
Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist eine Personengesellschaft, im Sinne der Vereinigung von verschiedenen Unternehmen in der EU.
Doch was genau muss man über die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) wissen?
Es gibt einige Artikel im Internet, die meinen, dass man die EWIV auch dafür nutzen kann, um Steuern zu sparen. Stimmt das?
Was muss man bei der Gründung der EWIV beachten und welche Vorteile oder Nachteile bietet sie?
Ob sich die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) für Sie und Ihr Unternehmen lohnt und ob sie bei der Steuergestaltung als Steuersparmodell verwendet werden kann?
Um diese Frage zu beantworten, haben wir die wichtigsten Informationen zur Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) für Sie zusammengefasst.
Was ist die Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigung (EWIV)?
Die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist eine supranationale Rechtsform der Europäischen Union, die es seit 25. Juli 1985 gibt und als erste europäische Unternehmensform eingeführt wurde. Die EWIV gilt in Deutschland und Österreich als Personengesellschaft und ist ähnlich der offenenen Handelsgesellschaft (OHG).
Der Zweck dieser Gesellschaft ist, dass Unternehmer aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten grenzüberschreitend einfacher zusammenarbeiten können. Das Ziel ist also die Förderung der Kooperation von Unternehmen, die in verschiedenen EU-Staaten tätig sind.
Die EWIV ist selbst kein Gewerbe und darf keinen freien Beruf ausüben. Sie ermöglicht lediglich Unternehmen aus verschiedenen EU-Staaten grenzüberschreitende Projekte anzunehmen und umzusetzen. Die EWIV soll den europäischen Binnenmarkt fördern, ist selbst nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, darf keine Anteile von Mitgliedsunternehmen halten und soll die Mitglieder dabei unterstützen, ihre eigenen Ergebnisse zu steigern.
Sie eignet sich als Hilfsfirma, um gemeinsame Ziele zu erreichen, ohne dabei Gewinne zu machen oder die Unternehmens-Struktur der einzelnen Mitglieder zu beeinflussen.
Mit anderen Worten ist die EWIV ein Kooperationsmodell, das Unternehmen und Freiberuflern ermöglicht, ihre Ressourcen zu bündeln und Synergien am Markt zu nutzen.
Die EWIV kann ein Konstrukt bzw. Vereinigung von Gesellschaften wie GmbH, AG, KG, oHG usw., anderen öffentlichen Einrichtungen (Gemeinden, Universitäten, Kirchen, Kammern, etc.) oder auch Verein, Stiftung usw. sein. Auch natürlichen Personen können eine EWIV gründen, wie z.B. Freiberufler, Selbständige oder Unternehmer, die Dienstleistungen oder geschäftliche Tätigkeiten in der Gesellschaft ausüben.
Wie gründet man eine EWIV?
Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) besteht aus mindestens zwei oder mehreren Mitgliedern. Es muss einen grenzüberschreitenden Bezug der Mitglieder geben, das heißt, die Mitglieder müssen in mindestens zwei verschiedenen (oder auch mehreren) EU-Mitgliedstaaten tätig sein.
Die EWIV entsteht durch einen Gründungsvertrag dieser Mitglieder (Art. 4 Abs. 2 EWIV VO) und der Eintragung im Handelsregister (Art. 1 Abs. 1 S. 2, Art. 6 EWIV VO).
Der Sitz der EWIV muss im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sein.
Es ist kein Mindestkapital erforderlich und es dürfen maximal 500 Mitglieder teil der EWIV sein.
Nur eine natürliche Person darf Geschäftsführer sein.
Was darf die EWIV nicht?
Die EWIV darf keine Leitungsmacht gegenüber ihren Mitglieder ausüben (Konzernleitungsverbot), darf, wie bereits erwähnt, keine Anteile halten (Holdingverbot), nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen (Beschäftigungsverbot), darf dem Vorstand der Gesellschaft kein Darlehen gewähren (Kreditgewährungsverbot), und darf selbst auch kein Mitglied einer anderen EWIV sein (Beteiligungsverbot).
Wie werden in einer EWIV Entscheidungen getroffen?
Jedes Mitglied hat eine Stimme und nur die Gesamtheit der Mitglieder kann eine Entscheidung treffen (Art. 16 Abs. 2 EWIV VO). Beschlüsse werden einstimmig, nach Zahl aller Mitglieder, nicht nach Zahl der abstimmenden Mitglieder, gefasst.
Haftung der EWIV-Mitglieder
Die Mitglieder haften ab Eintragung der EWIV im Handelsregister unbeschränkt, persönlich und gesamtschuldnerisch. Allerdings kann die EWIV nach konstitutiver Eintragung die sich aus diesen Handlungen ergebenden Verpflichtungen übernehmen (Art. 9 Abs. 2 EWIV VO). Der Geschäftsführer haftet Dritten gegenüber ähnlich wie in einer GmbH.
Ist die EWIV ein Steuersparmodell oder nicht? ?
Die EWIV-Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 betont ausdrücklich, dass die Besteuerung ausschließlich bei einem Voll-Mitglied stattfindet. Ein grundlegendes Missverständnis, das häufig mit der EWIV verbunden ist, ist die Annahme, dass diese Gesellschaftsform dazu dient, Steuern zu sparen. Tatsächlich finden die Steuern ausschließlich bei den Mitgliedern und nicht bei der EWIV statt. Sie gilt steuerlich als Offene Handelsgesellschaft und das gesamte Steuerrecht für die Besteuerung der Personengesellschaften gilt 1:1 auf die EWIV.
Kann die Steuerlast der Betriebseinnahmen gesenkt werden?
Manchmal liest man, dass die EWIV es Unternehmen ermöglicht, Vermögen innerhalb des Konzerns zu verschieben und so ihre Steuerlast zu senken. Dies ist im Grunde genommen falsch und zwar aus einem einfachen Grund: Die Höhe des Vermögens der EWIV ändert sich in der Summe nicht. Daher hat dieser Aktivtausch keine Gewinnauswirkung, was bedeutet, dass keine Steuern gespart werden.
Die EWIV kann als Instrument genutzt werden, Zahlungsströme zu verschleiern, was in bestimmten Situationen von Vorteil sein kann - es erfordert jedoch ein hohes Maß an Know-how und Expertise, um ein solches System erfolgreich umzusetzen.
Tatsächlich gibt es viele legale Möglichkeiten, um die Steuerlast zu senken, aber die EWIV ist kein Steuersparmodell. Es existieren für Unternehmen und dessen Mitglieder, die ihre Steuerlast senken wollen, zahlreiche legale Alternativen, wie beispielsweise die Verwendung steueroptimierter Strukturen oder die Wahl eines geeigneten Standorts.
Fazit
Wir empfehlen Unternehmern, sich immer gründlich über alle rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Aspekte zu informieren, bevor sie sich für eine bestimmte Unternehmensstruktur entscheiden. So kann man sicherstellen, dass die eigene Firma auf einem soliden Fundament aufgebaut ist und alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt.
Haben Sie weitere Fragen zur EWIV, Gründung von Gesellschaften im Ausland oder zum europäischen Recht? Dann buchen Sie eine Beratung mit einem unserer Experten.