Das Nike Steuersparmodell: Die Vorzüge der holländischen CV-BV-Struktur

Immer wieder fragen uns Mandanten, ob sie auch die aus den Medien bekannten Steuerschlupflöcher mit ihren eigenen Unternehmen nutzen könnten. Immer wieder ist dann von Google die Rede ("Double Irish!") und nochmals Google ("Double Irish with a Dutch Sandwich") und Amazon ("Luxemburg!") und eben Nike.

Vergessen wird dabei oft, dass es sich um

  • riesige Unternehmen und

  • amerikanische Unternehmen

handelt.

Geht alles nicht

Lassen Sie es mich von Anfang an klar machen: Sämtliche eingangs beschriebenen Steuersparmodelle funktionieren für Sie nicht weil

  • Sie kein Milliardenkonzern sind,

  • die genannten Steuersparmodelle nur für US-Unternehmen funktionierten, da es sich um US-Schlupflöcher handelt und

  • alle oben beschriebenen Modelle bereits verboten sind.

Natürlich können wir davon ausgehen, das besagte US-Konzerne neue Lösungen gefunden haben, also neue Schlupflöcher entdeckt haben. Aber die Öffentlichkeit erfährt davon nur durch Datenlecks und dann viele Jahre später.

Dennoch möchte ich hier auf das Nike-Steuersparmodell eingehen und es kurz erklären. Danach zeige ich dann ein paar Lösungen auf, die ggf. funktionieren können.

Wer ist Nike?

Jeder kennt Nike, den Sportartikelhersteller aus den USA, der zu den größten der Welt zählt. Das Unternehmen fährt Milliardengewinne ein und ist z.B. auch in Deutschland überall vertreten. Besonders beliebt sind die Schuhe. Nike produziert neben Sportkleidung auch Ausrüstungsgegenstände und Accessoires. Viele große Sportler wie der US-amerikanische Basketballer Michael Jordan oder der schweizer Tennisstar Roger Federer haben sich ihre Kleidung vom US-Unternehmen sponsern lassen und betreiben damit Werbung.

Nike war ein großer Nutzer des Double Irish. Als dieser auslief, musste ein neues Steuersparmodell her. Die pfiffigen Kollegen von Baker & McKenzie wussten rat. Hut ab!

Vorhang auf für die "CV", die holländische KG

Baker & McKenzie empfohl Nike die Nutzung einer Struktur in den Niederlanden.

Dort gibt es nämlich eine Gesellschaftsform namens "Commanditaire Vennootschap" (CV), die gesellschaftsrechtlich eine "Schwester" der deutschen Kommanditgesellschaft (KG) gilt. Auch hier gibt es also eine Vollhafterin (Komplementärin) und verschiedene Teilhafter (Kommanditisten). Und wie bei der KG ist es so, dass die CV nicht als eigenständiger Steuerpflichtiger betrachtet wird, sondern lediglich als Zusammenschluss von Partnern. Das bedeutet, dass die CV selbst keine Steuern zahlen muss, sondern nur die Gesellschafter oder Partner einzeln. Somit ist die CV eine interessante Option für Unternehmensgründungen und Partnerschaften in den Niederlanden.

Durch spezifisch Unzulänglichkeiten im amerikanisch-niederländischen Doppelbesteuerungsabkommen, kam es nun zu einem sogenannten "Hybrid-Mismatch".

In der Praxis heißt dies, dass amerikanische Unternehmen durch ihre Beteiligung an einer niederländischen CV von der Steuerbehörde IRS nicht steuerlich belangt wurden, denn die amerikanischen Steuerbehörde ging davon aus, dass die CV von den Holländern als ganzes besteuert wurde und durfte daher gemäß DBA nicht nachbesteuern.

Die Holländer wiederum sahen die Steuerpflicht nur bei den Gesellschaftern der CV und da deren Gewinne keinen Bezug den den Niederlanden hatten (Management der Gesellschaft auf den Bermudas), ergab sich für die Gesellschafter keine Steuerpflicht in Holland.

Das bedeutet keine Steuerzahlung für den Steuerzahler, da zwei Länder unterschiedliche Steuersysteme haben. Die CV befand sich faktisch im fiskalischen Niemandsland. Unternehmen wie Nike, Starbucks, Pfizer, Tesla und viele andere profitierten von diesem Modell und hatten damit den "Heiligen Gral" der Steuervermeidung gefunden, indem sie in den Niederlanden eine CV gründen und ein oder zwei niederländische Tochterunternehmen gründen.

Und so kommt man dann auf die "CV-BV" Struktur. Klingt nicht so sexy wie "Double Irish", ist aber mindestens genauso effektiv.

Die CV-BV Struktur im Detail

Im in den 90er gründete Nike in Hilversum eine Reihe von Unternehmen, darunter die Nike European Operations Netherlands BV. Diese lenkte laut den Paradise Papers das gesamte europäische und Teile des Asien- und Australien-Geschäfts des Konzerns. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Nike Innovate CV in den Niederlanden, die im Besitz der Auslands-Markenrechte und des bekannten "Swoosh"-Logos war.

Die hohen Umsätze, die Nike in den Niederlanden erzielte, fließen in Form von Lizenzgebühren in die Kasse der Nike Innovate CV. Durch das Steuerabkommen zwischen den USA und den Niederlanden wurden jedoch ein Großteil dieser Gewinne weder in Holland, noch in den USA besteuert.

Und so funktionierte das Steuersparmodell:

Produktverkauf europaweit über holländische Struktur

Beim Kauf von Schuhen und Sportartikeln von Nike z.B. in Deutschland wird das Geschäft über zwei niederländische Firmen von Nike abgewickelt - Nike Retail und eben die schon erwähnte Nike Operations Netherlands. Auch wenn der Kauf in Deutschland stattfindet, wird es über die Niederlande abgewickelt. Zusammen mit einem dritten Unternehmen von Nike sind diese beiden in einer Steuergemeinschaft. Dieses Konstrukt ist ideal zur Steuervermeidung, da sie die Steuerlast teilen und herumschieben können. Wenn ein Unternehmen Verluste macht, verringert dies auch den Gewinn der anderen Gesellschaften.

Die Nike Steuergemeinschaft in den Niederlanden

Selbst wenn Nike Retail und Nike Operations Netherlands als Teil vom Konzern viele Schuhe und Sportartikel verkaufen, verdient die Steuergemeinschaft nur wenig. Schuld hat die dritte Gesellschaft des Konzerns, die hohe Lizenzgebühren zahlen muss. Diese muss sie an eine vierte Firma von Nike abführen, denn sie muss Geld an den Sportartikelhersteller in den US bezahlen, dass die Schuhe von Nike so aussehen dürfen, wie Nike-Schuhe aussehen. Dies ist das Mittel zur Steuervermeidung, da diese Firma massive Verluste aufgrund der Zahlungen macht.

Die Rolle der Nike Holding in den USA

Da die vierte Gesellschaft, die die ganzen Lizenzgebühren und die Gebühren für Werbung bekommt, eine holländische CV ist. Hier wird nicht die cv selbst, sondern lediglich die Partner besteuert. Der Partner ist in diesem Fall die Nike Holding in den US. Das Steuerrecht in den USA hält jedoch Nike Niederlande für die Erhebung der Steuer in der Pflicht. So wird das Beste aus der beiden Steuerkonstrukte ausgenutzt und Nike zahlt nur einen geringen Anteil Steuer.

Die Rolle der Politik in den Niederlanden und den USA

Tatsächlich wurde das CV-BV Modell erst ab 2005 richtig interessant. Bis dahin gab es eine Anti-Missbrauchsklausel im holländisch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen, die den Niederlanden ein Besteuerungsrecht an den Gewinnen einer CV einräumte, wenn im Sitzstaat bzw. Wohnsitzstaat der Kommanditisten keine Steuer anfallen sollte.

Doch diese Klausel wurde 2005 vom damaligen holländischen Finanzminister Joop Wijn einseitig aufgekündigt, d.h. er stellte die Niederlande steuerlich bewusst schlechter.

Doch hinter den Kulissen warnte der Direktor für internationale Steuerangelegenheiten im Haager Finanzministerium vor den weitreichenden Konsequenzen einer solchen Entscheidung: Amerikanische Konzerne würden dadurch einen unfairen Wettbewerbsvorteil genießen und die Niederlande könnten ihre Wirtschaft an die USA verlieren. Obwohl seine Worte alarmierend waren, passierte letztendlich nichts.

Die Reaktion der Steuerbehörden in den USA auf das neue niederländische Steuerschlupfloch war noch merkwürdiger. Dort war man "happy", dass "die Jungs" in Den Haag die US-Firmen in Zukunft besser behandeln würdem. Aber dies bedeute keinesfalls, dass die USA den niederländischen Unternehmen auf dieselbe Weise entgegenkommen lassen werden. Das hat ein Sprecher des Finanzministeriums in Washington gesagt.

Das niederländische Parlament reagierte kaum auf Joop Wijns Entscheidung. Es scheint, dass die komplexe Thematik des internationalen Steuerrechts für viele Parlamentarier ein Desinteresse auslöst. Die Niederlande seien schließlich keine Steueroase wie Bermuda. Alles ginge mit rechten Dingen zu. Tatsächlich hatten die Niederlande das britische Überseegebiet bereits als Steuerparadies überholt.

Seit 2005 haben Unternehmen wie Nike, General Electric, Heinz, Caterpillar, Time Warner und Foot Locker fast 500 Milliarden Dollar über die CV-BV Struktur vereinnahmt. Dies entspricht dem doppelten Betrag des gesamten niederländischen Staatshaushalts und ist größtenteils unversteuert.

Das Ende vom Lied

Nach den Veröffentlichungen im Rahmen des Paradise Papers Leaks 2017, war die Empörung groß. In Folge wurden dann relativ schnell die Anti Tax Avoidance Directive I und II (ATAD) der EU eingeführt, welche Hybrid Mismatch Modelle EU-weit untersagte.

Parallel kam in den USA Donald Trump an die Macht, der eine umfassende Steuerreform auf den Weg brachte, welchen US-Konzernen große steuerliche Erleichterungen verschaffte, die aggressive Steuerplanung im Ausland zum Teil uninteressant machten.

Wir wissen nicht, wie Nike & Konsorten heute Steuern sparen. Da müssen wir wohl auf das nächste Datenleck warten.

Wie können Sie selbst Steuern sparen?

Auch wenn Steuersparmodelle wie die CV-BV-Struktur sich sehr clever und kreativ anhören, kann ich mich nur wiederholen: Sie waren auf amerikanische Milliarden-Konzerne zugeschnitten. Kleine bis mittelständische Unternehmen aus Europa konnten zu keinem Zeitpunkt von diesen Steuerschlupflöchern profitieren.

Hier sind aber drei

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