Aufs Russland-Geschäft freiwillig verzichten oder weitermachen?
Russland ist mit seiner Größe, den natürlichen Ressourcen und seinen 145 Millionen Einwohnern auf jeden Fall ein wichtiger Markt. In der aktuellen Episode des Podcast Perspektive Ausland reden wir über die Vor- und Nachteile in Krisenzeiten weiterhin in Russland Geschäfte zu machen. Zu Gast heute bei uns: Rechtsanwalt Thomas Brand. Er lebt schon seit über 20 Jahren in Russland und gibt uns einen Einblick in die russische Sichtweise.
War es bisher eigentlich steuerlich attraktiv in Russland ein Unternehmen zu haben?
Die Gewinnsteuer liegt in Russland bei 20 %. Wenn Sie aber regional investieren, können Unternehmen von beachtlichen Steuervorteilen profitieren. Nach Realisierung eines Investitionsprojekts liegt der Steuersatz des föderativen Anteils für 10 Jahre bei 0 Prozent.
Außerdem wurden Anfang 2021 eine Reihe von Steuervergünstigungen für IT-Unternehmen eingeführt. In Zahlen heißt das, dass die Gewinnsteuer von 20 % auf 3% gesenkt und auch bei die Sozialabgaben wurden von über 30% auf 7,7% reduziert.
Der allgemeine Steuersatz auf Einkommen für Ausländer liegt bei 30 %. Für hochqualifizierte Spezialisten liegt die Einkommensteuer jedoch nur zwischen 13 und 15 %, je nach Einkommen.
Für welche Branchen war bzw. ist Russland interessant?
Interessante Branchen für ausländische Unternehmen sind unter anderem die IT-Branche und der Anlagen- und Maschinenbau. Das liegt daran, dass die russische Wirtschaft auf westliches Fachwissen angewiesen ist und “made in Germany” einen sehr guten Ruf genießt.
Auch die Chemiebranche und Pharmaindustrie sind vielversprechend. Der Absatz von pharmazeutischen Produkten ist seit 2016 stark gestiegen, da viele Russen großen Wert auf ihre Gesundheit legen.
Russland, mit seinen fast 145 Millionen Einwohnern, bietet auch den größten Markt für landwirtschaftliche Produkte. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Produkten steigt stetig, sodass auch die Landwirtschaftsbranche ein interessanter Markt für ausländische Investoren ist.
Vor- und Nachteile in Russland Geschäfte zu machen
Russland hat, abgesehen von der aktuellen Kriegslage, für Unternehmer und Investoren einiges zu bieten.
Russland ist nicht nur geografischen günstig gelegen mit seiner Nähe zu Europa, sondern bietet auch mit seinen fast 145 Millionen Einwohnern eine hohe Kaufkraft. Auch die Infrastruktur ist seit ein paar Jahren sehr gut, was insbesondere für Unternehmen interessant ist, die ihre Produktion nach Russland verlegen wollen.
Für Unternehmen aus der IT-Branche sind natürlich auch die neuen Steuervergünstigungen ein interessanter Anreiz.
Die angespannte und unsichere Lage in Russland spricht für viele Unternehmen eher gegen das Land. Auch der öffentliche Druck und ethische Überlegungen können Gründe sein, von Geschäften mit Russland abzusehen.
Zusätzlich stehen Sie in Russland vor der Herausforderung, dass sie die russische Sprache und Mentalität kennen müssen, um erfolgreich zu sein.
Außerdem ist es in Russland nicht einfach, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Das heißt, dass Unternehmen anfangs Zeit und Ressourcen in die Schulung der Mitarbeiter investieren müssen.
Alles in allem kann man sagen, ein Unternehmen in Russland zu gründen und zu führen ist kein “Russisch Roulette”. Wichtig ist vor allem, dass sie die rechtlichen und kulturellen Besonderheiten beachten und die aktuelle Situation beobachten.